Gefühlt eine Ewigkeit habe ich auf die überarbeitete Version dieser Konzertaufnahmen gewartet. Zum 85. Geburtstag von John Lennon erschien eine fast komplette Aufnahme der One to One-Konzerte vom 30. August 1972. Ich bin happy, aber nur fast.

Es gibt kaum Lennon-Konzerte als offizielle Veröffentlichung. Ich hüte meine LP, Laserdisc und CD Live in New York wie meinen Augapfel. Ich mag die Atmosphäre des Konzerts zugunsten geistig behinderter Kinder im Maison Square Garden. Allerdings war die Abmischungsqualität des damaligen Albums eher bescheiden. Ich hatte immer auf eine bessere Qualität und mehr Material gehofft.
Nun ist endlich soweit: Yoko Ono hatte Erbarmen und braucht wohl wieder Geld. Jetzt ist Power to the People von John & Yoko/Plastic Ono Band erschienen. Der Sound ist wirklich grandios. Kein Vergleich zu meiner alten Aufnahme. Hier haben die Tontechniker großartige Arbeit geleistet. Neben LP erschien noch eine fette CD-/Bluray-Editon, allerdings ohne den Konzertfilm. Der soll wohl noch später kommen, um uns Fans weiter zu melken. Einige Videos wurden ja bereits veröffentlicht – wunderbare Bilder hab ich im Juli in den seltsamen Streifen One to one im Kino gesehen.
Eigentlich könnte ich jetzt zufrieden sein. Die Aufnahmen laufen am gestrigen Erstveröffentlichungstag in Dauerschleife. Ich kann mich an John Lennon erfreuen und muss Yoko One ertragen.

Das große Aber
Nun aber das große Aber: Warum sind die Aufnahmen nicht komplett? Es fehlt zum Beispiel „Woman Is the Nigger of the World“. Der Song war seinerzeit schon umstritten wegen der provokativen Ausdrucksweise, und offenbar wurde beschlossen, ihn aus dem Remix-Konzept und der neuen Zusammenstellung auszuschließen. Dabei reden wir doch von der politischen Zeit von John Lennon in New York. Viele seiner Äußerungen von damals klingen heute naiv, aber es sind für mich eindeutige Zeitdokumente aus der politischen Phase des Musikers.
Die Rechteinhaber, vor allem Sean Ono Lennon und das Lennon Estate, begründen die Entscheidung mit der gesellschaftlichen Sensibilität, Stichwort „Cancel Culture“ und mögliche Missverständnisse oder Ablehnung im Jahr 2025.
Von mir aus hätte man den Song mit einem Disclaimer versehen können, das Estate hat sich aber aus Rücksicht auf heutige Debatten dagegen entschieden. Weicheier sag ich nur.
Sonstige Lieder aus dem Album „Some Time In New York City“ wie „Angela“ und „Attica State“ werden, je nach Version, ebenfalls nicht immer berücksichtigt, insbesondere in kompakten Editionen.
Ja ich freu mich sehr über Power to The People und ärgere mich über die Zensur. Was hätte wohl der politische Lennon des Jahres 1972 dazu gesagt?
Schlagwörter: 1972, Albumkritik, Angela, Attica State, Bluray Edition, Cancel Culture, John Lennon, John Lennon 85. Geburtstag, Konzertaufnahmen, Lennon Estate, Live in New York City, Madison Square Garden, Musikgeschichte, Musikkritik, Musikrezension, One to One Concert, Plastic Ono Band, politische Phase, Power to the People, Remix, Rockmusik, Sean Ono Lennon, Some Time in New York City, Soundqualität, Woman Is the Nigger of the World, Yoko Ono, Zensur
Kommentar verfassen - Achtung das System speichert Namen und IP-Adresse