Zum Tode von Ludwig Hirsch

Mein Gott Ludwig!

Als sich Ludwig Hirsch in den Tod stürzte, verlor die Welt einen hervorragenden Musiker, Liedermacher und Künstler. Ich hoffe, er hat nicht gelitten und dass es schnell ging. Ludwig Hirsch hat sein ganzes Leben lang gelitten, wenn ich mir seinen musikalischen Nachlass Revue passieren lasse. Schwarzer Humor, Düsterkeit, die dunkle Seite der Menschen und depressive Provokation.

Lange bevor die toten Hosen oder Ärzte lautstark auf Provokation machten, hatte Ludwig Hirsch den Platz des leisen Provokateurs in der deutschen Musikszene erobert. Mit feiner Stimme, hervorragender Instrumentierung und zum Teil bitterbösen Textnuancen eroberte der Österreicher sich die Gemüter seiner Fans. Als sein Landsmann Falco mit Jeanny in der Kritik stand, konnte Ludwig Hirsch nur grinsen: Sein „Herr Haslinger“ behandelte schon Jahre zuvor Pädophilie und Scheinheiligkeit, aber eben auf seine charmante, depressive Art.

Das erste Mal kam ich mit Ludwig Hirsch in meiner Schulzeit in Kontakt. Mein Klassenkamerad Robert brachte mir eine Schallplatte seinen großen Bruders mit, die ich mir unbedingt anhören müsse. Es waren die Dunkelgraue Lieder und beim beiläufigen Hören auf meiner Universum-Kompaktanlage der Quelle gingen die Melodien sofort ins Ohr. Bei meinen Hausaufgaben konnte ich Mitwippen, doch als ich das erste Mal den Sinn der Texte erfasste, war es um mich geschehen. Mit einzelnen Zeilen traf mich Ludwig Hirsch mitten ins Herz. Ich hatte und habe zwar nie einen Hang zur Depression, aber ich bewunderte die Beobachtungsgabe von Ludwig Hirsch. Wie sehr konnte der Mann die Schrullen seiner Mitmenschen erfassen und zu Lieder eingängig formulieren. Das ist große Kunst und davor zog ich meinen Hut.

Ich kaufte mir als nächstes seine Schallplatte Komm, Grosser Schwarzer Vogel. Ich hoffe, dieser Vogel hat Ludwig Hirsch in die Lüfte getragen und ihn schnell von seinem Krebsleiden erlöst. Ich geb es zu, mir standen beim ersten Mal hören des Liedes die Tränen in die Augen. Und als ich Jahre später diesen Song auf einer Beerdigung hörte, konnte ich die Tränen nicht mehr zurückhalten. Es traf mich tief und meine Gefühle überwältigten mich. Das ist große Kunst und davor zog ich meinen Hut.

Heute höre ich immer wieder gerne „Ich hab’s wollen wissen“. Die Zeilen von Ludwig Hirsch gelten weiter und mehr denn je:

„Und trotzdem

Ich fordere Sie auf

Gnädige Frau

Und auch Sie

Mein Herr:

Ein bisserl den Hintern bewegen!

Ja

Ich weiß

Er wiegt zwar ziemlich schwer

Aber wollen wir nicht auch einmal ein bissl

Was riskieren?

Weil

Alles geht

Es müssen nur mehr probieren!“

Danke Ludwig Hirsch für deine Arbeit.

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2 Antworten to “Zum Tode von Ludwig Hirsch”

  1. Gottfried Says:

    Bravo! Sehr gelungener Nachruf. Anhand der Schilderung erkenn ich, dass wir ein Kind der selben Zeit sind. (Universum-Anlage).

    Habe sehr ähnliche Erfahrungen und Emotionen, die mich mit ihm verbinden.

    Ein ganz großer hat die Bühne verlassen.

  2. Wespenstich Says:

    Ich kann mich meinem Vorkommentator nur anschließen.
    Ludwig Hirsch hat wunderbare Texte geschrieben.
    ich bin sehr traurig daß er nun nicht mehr lebt.
    Er gehörte zu meinen Favoriten und wird unvergessen sein.

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