Jede Region hat ihre musikalischen Helden. München hat seinen Isarindianer Willy Michl. Der 74jährige gastierte am ersten Weihnachtsfeiertag im Lustspielhaus München, seine zumeist älteren Fans folgten der Einladung zum Soloprogramm. Und weil es der erste Weihnachtsfeiertag war, wurden zum Konzertstart auch gleich zwei Weihnachtslieder in Bluestonart aus voller Brust angestimmt. So muss das sein.

Natürlich war für Willy Michl das Gastspiel ein Heimspiel. Seit März 2024 steht Michl wieder auf die Bühne. Er hat einige Operationen hinter sich und hat sichtlich Lust, vor Publikum zu spielen. Der Großteil seines Publikums kannte das Repertoire und sang die entscheidenden Textpassagen mit. Leider auch ein wenig überdreht, wie ich die ältere Frau an meinem Tisch im Lustspielhaus empfand, die jede Äußerung von Michl egoistisch und nervig kommentieren musste – ein Soloprogramm auf der Bühne reichte mir.
Michl lieferte ab, Blues, Country, Rock’n Roll, Volksmusik, gewürzt mit Erzählungen als eine Art Talking Blues und das fast zwei Stunden lang. Isarflimmern, Una Bella Signorina, Wakan Tanka, Kathmandu, Bob, Ois is Blues, Blues Goes To Mountain und vieles mehr – Inszenierungen voller Hingabe. Nebenbei ließ er die Bemerkung fallen, dass seine Alben Ois is Blues und Blues Goes to Mountain wohl 2025 wieder neu aufgelegt werden. Dann kann ich meine Scheiben aus den Siebzigern in Rente schicken. Willy Michl war so freundlich, mir meine beiden LP-Cover sowie seine Autobiografie in der Pause zu signieren. Vielen Dank. Die Platten höre ich seit meiner Abiturientenzeit.














Willy Michl oder besser Sound of Thunder ist ein wirkliches Original und die bayerische Musikszene hat diesem Künstler viel zu verdanken. Michl spielte an diesem Abend wieder seinen bayerischen Blues und war in den siebziger Jahren Wegbereiter für eine ganze Branche, sich mit ihrer Heimatsprache und handgemachter Musik auseinander zu setzen. München hat ihm enorm viel zu verdanken. Ohne Willy Michls Isarflimmern hätte es Sommer in der Stadt der Spider Murphy Gang nicht gegeben.
Und das ist vielleicht auch der Grund, dass man dem authentischen Musiker viel verzeiht. Michl passt eigentlich nicht mehr in die moderne Zeit, wenn er mit Indianer-Look auf der Bühne steht und sich die Seele aus dem Leib spielt. Das Publikum, das heute überkritisch mit kultureller Aneignung auf die Palme geht, lässt seinem Willy Michl alles durchgehen. Es ist keine Kostümierung, sondern er hat schon immer indigene Wurzeln, wie er immer betont. Auch die sexuellen Anspielungen in seinen Lieder würden bei einem anderen Künstler zu handfesten Protesten führen. Wenn heute ein junger Musiker mit dem Repertoire und Auftreten wie Michl die Bühne betreten würde, würde ihn das Publikum von derselbigen verjagen. Aber der großartige Willy Michl kann es sich erlauben, weil er authentisch ist.
Er ist so fest verwurzelt in seiner Münchner und bayerischen Heimat. Das zeigt sich einmal an der Geschichte um Max Streibl, als er dem damaligen Finanzminister das Isarflimmern vorsang. Aber wirklich dankbar muss ich Willy Michl für seine ausführliche Würdigung auf der Bühne von Karl Stankiewitz sein, der am 13. Dezember 2024 im Alter von 96 Jahren verstarb. Karl Stankiewitz war ein herausragender Journalist und eine prägende Figur der Münchner Stadtgeschichte. Ich hab ihn selbst immer wieder im Internationalen PresseClub am Marienplatz getroffen, wo er eines seiner Bücher vorstellte. Ich erinnere mich an seine Bücher Aus is und gar is!: Verschwundene Wirtshäuser, Theater, Cafés, Nachtclubs und andere Orte Münchner Geselligkeit und München 1972: Wie Olympia eine Stadt veränderte. Zum 50-jährigen Jubiläum der Olympischen Sommerspiele in München 1972. Michl erinnerte an Stankiewitz, der weit mehr als 10.000 Artikel schrieb und 38 Bücher veröffentlichte. Natürlich kannten sich diese beiden Persönlichkeiten Stankiewitz und Michl – und waren befreundet. Für diese Erinnerung an Stankiewitz ziehe ich meinen Hut vor Willy Michl – das hat gut getan.
Auch die Geste seiner Frau Cora war eindrucksvoll. Sie kam mit einem Strauß Rosen auf die Bühne. Das hatte einst die Mutter von Willy Michl getan. Diese Geste übernimmt jetzt die Ehegattin und sie versorgt ihn auch mit Getränken auf deiner Bühne, verbunden mit einem langen Kuss unter dem Applaus der Gäste.






Ja, der Abend mit Willy Michl war ein gelungener Abschluss meines Konzertjahres und es tat gut, den alten Haudegen mal wieder zu sehen. Bitte Willy, bleibt uns noch lange erhalten, denn wir wissen ja: Ois is Blues.
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